Unsicherheitsschock und Preisrückgänge
Bereits durch die Corona-Pandemie waren Investoren und die Baubranche vor große Herausforderungen gestellt. Lieferengpässe sowie enorme Kostenanstiege der Baumaterialien waren die unmittelbaren Folgen, welche durch die Ukraine-Krise noch mehr befeuert wurden.
Die unter anderem daraus resultierende massive Inflation trieb die Europäische Zentralbank (EZB) zu drastischen Erhöhungen der Leitzinsen auf Werte annähernd wie vor der Finanzkrise 2008. Der weltweite Hypothekenzinsmarkt erlebte einen explosionsartigen Anstieg. In Deutschland stiegen die nominellen Hypotheken-Zinsen innerhalb weniger Monate über 4 Prozentpunkte bei 10-jähriger Zinsbindung.
Es resultierte ein regelrechter Unsicherheitsschock am Wohnimmobilienmarkt. Sowohl Investoren als auch Selbstnutzer zogen sich größtenteils in Erwartung massiver Preiseinbrüche, als auch aufgrund der hohen Hypotheken-Zinsen vom Markt zurück. Darauffolgende Unsicherheitsverkäufe und der kurzfristig massive Einbruch der Nachfrage verursachten in manchen Segmenten Preisrückgänge. Eine Tatsache, welche generell insbesondere auch am bisher sehr stabilen Wohnimmobilienmarkt München festzustellen ist.
Ökonomisch gegenläufige Effekte: Mittelfristig erneuter Anstieg der Wohnimmobilien-Preise
Ökonomisch betrachtet ist jedoch damit zu rechnen, dass die gegenläufigen Effekte am Markt überwiegen und sich die Lage kurzfristig stabilisiert.
Die durch die Corona-Pandemie bedingten Steigerungen der Baukosten verursachten bereits 2021 einen Rückgang der deutschlandweiten Baugenehmigungszahlen. Von den seitens der Bunderegierung jährlich geplanten 400.000 Neubauwohnungen rechnen Experten mit der Fertigstellung von lediglich rund der Hälfte im Jahr 2022.
Dass bei den etlichen Tagungen des Bund für bezahlbaren Wohnraum bislang nur Verbandsfunktionäre und Politiker, jedoch nicht ein einziger Investor teilgenommen hat spricht für sich. Die wahren Gründe der nachlassenden Bautätigkeit werden seitens der Politik in diesen Tagungen nicht berührt oder zumindest nicht gelöst.
Im August 2022 verzeichnete das Statistische Bundesamt den Rückgang der Baugenehmigungen für Wohnungen von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Laut ifo-Institut waren zusätzlich insbesondere aufgrund zu eng kalkulierter Zinsrahmen im September 2022 16,7 Prozent aller Neubauprojekte von Stornierungen betroffen. 11,6 Prozent waren es noch im Vormonat August.
Dies führt zur weiteren starken Angebotsverknappung des bereits angespannten Wohnungsmarkts. Hinzukommt, dass die anhaltende Flüchtlingswelle aus der Ukraine den fundamentalen Mangel an Wohnraum weiter massiv verschärft. Derzeit ist ein Zuzug von aggregiert 1,6 Mio. Menschen in 2022 und 2023 zu erwarten.
Eine weitere fundamentale Angebotsverknappung sowie die zeitgleich hohe Inflation wirken preistreibend. Es gibt daher gute Gründe, warum sich die Preise in den kommenden Monaten stabilisieren und auch wieder anziehen könnten. Falls daher die Preise angesichts der schlechten Stimmung tatsächlich weiter fallen sollten, erwartet die Deutsche Bank Research lediglich einen temporären Preisrückgang. Der massive Wohnraummangel und negative Realzinsen des Bundes dürften die Preise anschließend wieder erhöhen.
Ansprechpartner: Klaus Lohmüller, Gründer der Lohmüller & Company Group